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Kambodscha - lächelnde Buddhas und Dämonen


Kambodscha

Das Königreich (lt. BMEIA mit hohem Sicherheitsrisiko) zählt zu den ärmsten Ländern Süd-Ost-Asiens. Lange war es Synonym für Gewalt, blutiges Regime, Bürgerkrieg und unendliches Leiden der Menschen. Seit längerem ist nun Frieden in dem Land der Khmer, die vom 9. bis zum 14. Jahrhundert Südostasien beherrschten und durch den steigenden Tourismus ist sogar Wachstum möglich. Vor allem die weltberühmten Ruinen der Tempelstädte von Angkor ziehen Jahr für Jahr über 2 Millionen Touristen an, Tendenz steigend.

Wir reisten in das Land mittels Boot über den Fluss Mekong nach Phnom Penh, der Hauptstadt, ein. Schon von weitem sahen wir überall Bautätigkeiten. Allein bei der Einfahrt zählten wir 16 Hochhaus-Kräne. Faszinierend und gleichzeitig befremdend empfanden wir, dass es nur 2 Seiten gab, entweder große Autos (SUVs, Jeeps,…) oder Mopeds. Hier fehlte einfach die mittlere Schicht. Wir sahen uns dort die paar Sehenswürdigkeiten, die Phnom Penh zu bieten hat, an und verbrachten einen ganzen Nachmittag am Central Market. Wir besuchten den Palast des Königs und den Wat Phnom, einem Tempel von dem die Hauptstadt ihren Namen hat.

Da wir uns auch sehr für das Land und ihre Geschichte interessierten, unternahmen wir eine Besichtigung eines der Gefängnisse der Roten Khmer - S21, ehemaliges Schulareal. Wir gingen mit einem Audioguide durch die gesamte Anlage und waren zutiefst bewegt. Die Schreckensherrschaft der Roten Khmer dauerte 3 Jahre, 8 Monate und 20 Tage (1975 - 1979) und kostete ca. 2 Mio. Menschen das Leben. Man spricht hier von einem Auto-Genozid. Unfassbares ist hier geschehen und je tiefer wir in die Geschichte, die noch nicht allzu lange her ist, eintauchten kam es uns noch unverständlicher vor, warum der Rest der Welt zugesehen hat. Die Vorstellung war es einen kommunistischen Bauernstaat zu etablieren. Die Menschen wurden aus den Städten aufs Land zum Reisanbau vertrieben. Intellektuelle (dazu zählten bereits Brillenträger/innen, Menschen die mehr als eine Sprache sprechen konnten, Ärzte, Juristen, usw.) wurden gnadenlos umgebracht. Auch deren Familien und Angehörige wurden ermordet, damit es zu keinen Racheakten kommen konnte. Wir sahen am Museum auch 2 Überlebende dieses Gefängnisses, die ihre Geschichte präsentieren und ihr Wissen als Andenken weitergeben. Als die vietnamesischen Truppen Kambodscha befreiten gab es lediglich 7 Überlebende aus diesem Gefängnis, dessen Routine im Foltern, Geständnisse Erzwingen und Morden war. Die Insassen, die nichts verbrochen hatten, wurden durch grausamste Foltermethoden zu Geständnissen gezwungen und dann anschließend auf sogenannten „Killing Fields“ außerhalb der Stadt erschlagen und in einem Massengrab beerdigt. Es gibt unzählige Massengräber im gesamten Land. Viele, viele Tote sind nicht identifiziert und viele werden auch wohl nie gefunden werden. Frauen und Kinder, sogar Babies, wurden brutal erschlagen (man wollte keine Kugeln verschwenden und erschießen wäre zu laut gewesen) und ein Menschenleben war nichts wert. Eine komplette Bildungsschicht wurde schlichtweg ausradiert. Heute beispielsweise kommen aus englischsprachigen Ländern Natives (wir trafen selbst 2 Reisende aus Neuseeland, die sich diesem Projekt widmeten), die auf dem Land in Schulen einige Monate Englisch unterrichten, weil die Lehrer hier dies nicht können. Wir waren zutiefst bewegt und diskutierten bzw. besprachen den restlichen Tag, was wir hier erlebt haben.

Nach aktivem Sightseeing ging es 4,5 Stunden (für 220 km!) im Bus auf schlechter Straße weiter zur Urlaubsregion Sihanoukville. Die Stadt selbst gab für uns gar nichts her - dreckig, voll Müll, Rotlichtmeilen, Casinos und Touristenviertel. Wir waren außerhalb am wunderschönen Otres Beach II und das war gut so. Türkises Meer, weißer Sandstrand, wenige Leute und tausende kleine Krebse. Diese rollten den Sand in kleine Kügelchen um nach Nahrung zu suchen - war lustig zu beobachten. Leider holte sich Karin hier eine bakterielle Lebensmittelvergiftung mit Fieber und machte Bekanntschaft mit einem kambodschanischen Krankenhaus. Erholung am Strand war somit für ein paar Tage gestrichen. Nach viel Medizin ging es dann mittels Speedferry auf die vorgelagerte Insel Koh Rong Sanloem, die noch ein ganz winziger Geheimtipp ist. Dort gönnten wir uns etwas Luxus im The Pipes’s Resort, was auch gleichzeitig ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk an Christoph war. Hier war der Strand noch pulvriger, das Meer noch türkis-blauer und sehr viel Ruhe. So etwas haben wir noch nie zuvor gesehen. Es gibt auch keine Straße dort und die Insel selbst wurde erst vor 5 Jahren erschlossen. Ein wahrliches Paradies. Leider mussten wir es wieder verlassen …

Mit dem Flugzeug ging es dann weiter nach Siem Reap obwohl es nur 370 km Luftlinie waren (per Bus hätten wir 12 Stunden Fahrtzeit gehabt!). Von Busreisen quer durch das Land wird eher abgeraten aufgrund der schlechten Beschaffenheit der Straßen und hohem Unfallrisiko mit Bussen (schlechte Wartung, keine Ruhezeiten von Fahrern). Wir nahmen uns 2 Tage Zeit um die großen Tempelanlagen von Angkor anzusehen. Diese waren über einige Jahrhunderte lang vom Dschungel verschluckt und erst im 19. Jahrhundert wieder entdeckt worden. Das Rätsel, warum das Volk im 15. Jahrhundert diese Tempelstädte aufgegeben hat, ist bis heute noch nicht restlos geklärt.

Am 1. Tag hatten wir auch einen Guide, der uns an gute Plätze, etwas vorbei der Massen geführt hat. Er berichtete uns viel über die Entstehung bzw. auch das verloren gegangene Wissen des Khmer Empires vom 9. bis 15. Jahrhundert n.C. Wir besuchten nur einige Tempel der riesigen Anlage: Angkor Wat, Ta Prohm, Angkor Thom, Preah Khan, Neal Plan, Ta Sol, Ost Mebon und Pre-rup. Wir sahen uns auch den Sonnenaufgang beim Angkor Wat an. Einfach unbeschreiblich schön und gigantisch. Dabei ist dieser Tempel nicht einmal der größte der Anlage, aber wohl der berühmteste. Er ziert auch die Nationalflagge von Kambodscha.

Zusätzlich erzählte unser Guide einiges über das Khmer-Volk. So sagte er zB, dass die Regierung sehr korrupt sei und sehr viel Geld unter dem Tisch verschwindet. Wir bezahlten 62 USD Eintritt für die Tempelanlagen, davon gehen offiziell 2 USD an das Kinderkrankenhaus und der Rest ist nicht nachvollziehbar. Auch wenn die Angestellten danach fragen, bekommen sie keine Antwort. Auf die Frage warum es eigentlich fast nur SUVs gibt und der Rest nur mit Mopeds fährt, sagte er uns, dass dies vermutlich auf die korrupten Machenschaften und Vetternwirtschaft der Politiker zurückzuführen sei. Staatsbedienstete (Polizist, Lehrer, Arzt, …) verdienen im Schnitt um die 300 - 400 USD pro Monat, ein durchschnittlicher Kambodschaner 100 USD/Monat und Politiker ??USD. Die Schere ist augenscheinlich sehr hoch - Politiker versus Volk. Viele Menschen im Land sind ungebildet. (Auch seine Großmutter erzählte ihm, dass die Tempel von Göttern gebaut worden sind. Erst viel später kam er drauf, dass sie nicht lesen und schreiben konnte und nacherzählte, was sie gehört hatte.) Er sagte auch, dass es den Kindern frei steht in die Schule oder arbeiten zu gehen. Arbeiten heißt: Ramsch zu verkaufen an Touristen oder betteln. Sobald sie ein paar Dollar verdienen, schicken die Eltern ihre Kinder gar nicht mehr in die Schule. Sie dienen sozusagen als „Miternährer“. Deshalb hat er uns auch hingewiesen, ja den bettelnden Kindern nichts zu geben bzw. ihnen auch nichts abzukaufen, da sie sonst keine Notwendigkeit verspüren sich zu bilden bzw. in die Schule zu gehen. Er meinte, dass er zu den max. 10 % der jungen Menschen im Land gehört, die die Vorgehensweisen der Politiker und Machthaber hinterfragen und andiskutieren. Die anderen 90 % kümmern sich nicht darum und hinterfragen überhaupt nichts. In Kambodscha läuft es etwas anders. Wenn deine Eltern Bauern waren, dann wirst du ebenfalls Bauer, Politiker kannst du nur werden, wenn deine Eltern oder ein Elternteil auch Politiker war. Das heißt, dass die Masse gar nicht anstrebt sich weiterzuentwickeln bzw. dazu zu lernen.

Mit dem boomenden Tourismus kommt auch mehr Geld ins Land. Jedoch merkt man als Tourist sehr wohl, dass man vielerorts „abgezockt“ wird. Wenn man an der Straße nicht handelte, bezahlte man bis zum doppelten Preis vom wahren Wert der Leistung (Tuk Tuk, Markt, …) Die 2-Klassen-Gesellschaft war für uns hier spürbar wie noch nirgends zuvor.

Sehr viele Touristen besuchen nur Siem Reap bzw. die Tempelanlagen, wie es jedoch im Land selbst aussieht bzw. den Menschen geht, davon bekommen sie nichts mit (zB Müllproblematik,

Straßenzustände, …)

Generell sind wir sehr froh, dieses Land besucht zu haben. Die Menschen, denen wir begegneten, waren alle sehr freundlich und hilfsbereit und schenkten uns viele Momente des Lächelns. Wir behalten die Khmer als liebenswertes Volk in Erinnerung.

So erlebten wir das kleine Königreich bei unserem kurzen Besuch. Viele lächelnde Buddhas und Dämonen aus vergangenen Tagen - und auch noch aus der Gegenwart …

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